Ich besuchte gestern wieder die Montagsdemo in München.
In der letzten Woche tauchte unter anderen der NPD-Kader Karl Richter auf. Er sprach nicht dort, er war für die meisten vermutlich nicht mal erkennbar, er stand nur am Rande rum, war aber sichtbar. Das brachte danach die Organisation der Montagsdemo zu einem deutlichen Statement auf Facebook. Ich zitiere:
„Wir hatten letzte Woche leider das zweifelhafte Vergnügen, Besuch von einem Herrn zu haben, welcher Mitglied in einer Partei ist, deren Namen wir hier nicht sagen möchten, da wir sonst für diese auch unfreiwillig werben würden. (…) Bisher sahen wir glücklicher Weise noch keinen Grund uns der Art genau mit dieser Materie zu befassen, jedoch lehrte uns der letzte Montag, dass wir diese Thematik nun doch aufgreifen müssen. Wir distanzieren uns hiermit öffentlich von jeglichen Ideologien und Ansichten von Personen oder Parteien, die sich aufgrund ihrer menschenverachtenden Einstellung offensichtlich nicht mit unserem Wunsch nach Frieden vereinbaren lassen. (…)“
Bereits im Eröffnungsbeitrag wurde bei der gestrigen Montagsdemo noch mal darauf hingewiesen, dass man sich entschieden von Rechtsextremen distanziert und mit diesen Menschen auch nicht für Frieden zusammenstehen will. Man räumte diesem Thema auch seinen eigenen Raum im Rahmen der Veranstaltung ein. Es wurde gesagt, wir sind Bürger der Mitte und gewisse Parteitätigkeiten lassen sich nicht mit Frieden vereinbaren.
Leider war auch diesmal wieder eine Gruppe mehrere Nazis anwesend, die wieder die ganze Zeit nur am Rand da standen. Ich muss dazu aber auch sagen, dass ich aus eigener Erfahrung als Mitorganisator der Montagsdemos gegen Hartz IV 2004 in Dresden weiß, wie verdammt schwer das Problem mit Nazis zu lösen ist. Wir haben es damals nie ganz geschafft, die von uns wegzuhaben. Und ich wäre sehr empört gewesen, hätte jemand unseren Montagsdemos eine rechte Gesinnung vorgeworfen, nur weil sich da eine Gruppe bekannter Nazis sich in der Peripherie rumtreibt.
Was ich also sagen will, obwohl diese Typen da auftauchten, die Montagsdemo in München selber hat mit diesen Nazis nichts zu tun und den Veranstaltern kann man auch keinerlei Sympathien für diese vorwerfen, im Gegenteil, sie wehren sich dagegen.
Allerdings, und das muss ich hier auch thematisieren, distanzierte man sich zu Anfang auch von Links, bzw. Linksextremismus. Da kam doch wieder durch, diese versuchte unpolitische Haltung, wir sind nicht links und rechts.
Bei der Veranstaltung, um jetzt mal zum Thema zu kommen, waren nach meiner Schätzung 300-500 Menschen da. Viele hatten Transparente oder Schilder dabei. Einige der Plakate zitierten auch zum Beispiel Rosa Luxemburg oder Bertolt Brecht, das soweit zu „wir sind nicht links“. Ganz vereinzelt gab es auch, ich sag das mal so direkt: Spinner.
Die Demonstranten bekamen selber die Möglichkeit, am Mikrofon zu sprechen. Ein junger Mann, der schon öfters sprach, redete viel von Liebe und Frieden. Das war eher esoterisch angehaucht, da schaltete ich dann lieber ab.
Um 19 Uhr wurde eine Schweigeminute für die Opfer in Odessa (Ukraine) abgehalten. Zwei junge Frauen aus der Ukraine sprachen anschließend darüber, das waren bewegende Beiträge.
Die meisten weiteren Redebeiträge beschäftigten sich mit dem Thema Frieden, auch mit dem Thema Faschismus, speziell in der Ukraine, welcher natürlich abgelehnt wurde und mit der Kriegsgefahr. Es kam aber auch wieder bei einigen wenigen die Rede auf diverse Verschwörungstheorien wie das Deutschland ja so gar nicht existiert und es war die Rede von „Freier Energie“. Letztlich aber eher harmlos. Hier muss man wohl mal ein klares Wort über diesen Unsinn sprechen. Da ist noch viel Aufklärung nötig.
Ich meldete mich auch zu Wort, da ich es wichtig fand, das Thema Links und Rechts klarer zu stellen. Ich stellte mich vor als „Ich bin Antifaschist und Kommunist und linksextrem“. Den Menschen erklärte ich, dass ich es sehr gut finde, dass man sich offen von Rechts distanziert. Und obwohl da hinten eine Gruppe Nazis steht, will ich niemanden in der Demonstration vorwerfen, rechte Ansichten zu vertreten. Ich bin aber auch der Überzeugung, dass es eine konsequente Friedenspolitik und Kapitalismuskritik mit linken und fortschrittlichen Positionen geben kann. Und wie Rosa Luxemburg sagte, wer unpolitisch ist, ist unbewusst politisch.
Leider war mein Redebeitrag dann aber auch der einzig, der Buhrufe bekam. Vielleicht hat man mich nicht richtig verstanden? Anderseits wurde mir aber im Nachhinein von einigen Teilnehmern bestätigt, dass diese Buhrufe bei ihnen auf Unverständnis stießen.
Ich konnte im Anschluss mit mehreren der Anwesenden noch lange diskutieren. Dabei stellte sich ein sehr unterschiedliches Meinungsbild heraus. Während ich von einigen Zustimmung bekam, waren andere doch der Meinung, dass man nicht in den Kategorien links und rechts denken solle. Öfters kam auch wieder die Meinung durch, dass Deutschland kein souveräner Staat ist und ziemlich lange sprachen wir darüber, was eigentlich Antisemitismus bedeutet. Sehr lachen musste ich dann, als mir jemand vorwarf: „Du hältst Dich für gebildet, weißt aber nicht, dass die FED eine Privatbank ist.“
Als Fazit würde ich sagen, die Münchner Montagsdemo ist auf dem richtigen Weg ist. Weniger Verschwörungsunsinn, mehr politische Inhalte, eine deutliche Benennung der Ursachen für Krieg und Faschismus, das ist nötig. Als Linke haben wir hier die Möglichkeit, da entweder nur zuzuschauen oder mit eigenen Beiträgen zu versuchen, die Themen Krieg & Kapital deutlich in den Fokus zu setzen.
Die Organisatoren, das soll noch mal extra erwähnt werden, haben keine leichte Aufgabe, aber sie geben sich große Mühe, diese zu bewältigen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer das ist und ich wünsche ihnen, dass sich das noch besser entwickelt.