Zwei Gerichtsverhandlungen (Stürzenberger & Meyer)

Am gestrigen Tag gab es zwei interessante Berufungsprozesse in München, einer gegen Michael Stürzenberger (Die Freiheit), und der andere gegen Heinz Meyer (Pegida).

Berufungsverhandlung gegen Michael Johannes Stürzenberger

Es ging um einen Strafbefehl wegen des „Beschimpfen von Bekenntnissen“ nach §166 StGB. Stürzenberger veröffentliche 2013 auf PI-News einen Artikel, in dem er unter Anderem schrieb: „Der Islam ist wie ein Krebsgeschwür“. In der ersten Instanz wurde er dafür zu 40 Tagessätzen á 50 Euro verurteilt. Dagegen legte sowohl Stürzenberger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Dabei beschränkte sich die Berufung von Stürzenberger auf die Rechtsfolgen, da zweifellos feststand, dass er den Artikel mit der entsprechenden Passage veröffentlich hatte.

Michael Stürzenberger
Stürzenberger bei einer seiner Unterschritensammlungen, hier am 3. Juni 2016 in München, Odeonsplatz

Wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass es in dem §166 nicht um Beleidigung von Religionen an sich geht, sondern um die „Störung des öffentlichen Friedens“.

Stürzenberger hatte einen neuen Verteidiger, da sich der andere zurückgezogen hatte, weil er bedroht wurde. Bereits zu Beginn der Verhandlung wurde deutlich, dass der Richter kein großes Interesse an einer Verurteilung hatte. Er meinte, man könnte das Verfahren ohne Urteil zu Ende bringen. Die Sache liegt ja nun schon drei Jahre zurück. Die Staatsanwältin war da allerdings anderer Meinung.

Stürzenberger nutzte die Verhandlung, um mal wieder ausführlich über die Gefährlichkeit des Islam zu dozieren. Sogar der amerikanische Präsident Obama hätte den Islam mit einem Krebsgeschwür verglichen. Was er allerdings verschweigt, Obama sprach vom IS als Krebsgeschwür und nicht vom Islam allgemein. Hier wird wieder mal Stürzenbergers Ansicht deutlich, für den es nicht verschiedene Strömungen im Islam gibt sondern alles nur ein Islam ist. Bei öffentlichen Auftritten im Rahmen seiner Unterschriftensammlung gegen ein geplantes Islamzentrum in München spricht Stürzenberger daher auch davon, dass jeder Moslem ein potentieller Terrorist ist und jeder Moslem die Scharia in Deutschland einführen will. Vor Gericht allerdings unterscheidet er schon mal zwischen dem religiösen und den politischen Islam. Gegen Muslime selber hat er gar nichts, behauptet er. Es ginge ihm nur um den politischen Islam, der in 1400 Jahren Dschihad 250 Millionen Tote zu verantworten hat. Woher diese Zahl stammt, ist unklar. Außerdem beschreibt er den Koran als ein Buch, das Befehle zum Töten enthält, an die sich jeder Muslim halten muss. Die Bibel dagegen ist für ihn nur ein Buch mit Geschichten.

Der Richter verlas den Artikel von PI-News, dann äußerte er sich, dass für ihn Schlimmeres in dem Artikel steht als diese Äußerung mit dem Krebsgeschwür. Aber es geht halt nur um diese eine Aussage. Stürzenberger berichtete, dass bei der Veranstaltung, um die es in diesem Artikel geht, mehrere ausländische Besucher da waren, die von den Gräueltaten durch den Islam in ihren Ländern erzählten. Außerdem hätten da vor Ort angeblich viele Muslime auch gegen das Islamzentrum unterschrieben. (Korrekterweise muss ich anmerken, dass es bei der Unterschriftensammlung darum geht, dass es eine Volksabstimmung über den Bau geben soll.) Stürzenberger ist empört, dass man ihn wegen des Artikels anklagt, er wurde doch drei Jahre lang beleidigt und geschlagen. Und dann steht er als Beleidiger in Wikipedia.

Dann folgten die Schlussplädoyers. Die Staatsanwältin forderte 60 Tagessätze á 50 Euro, der Verteidiger natürlich Freispruch. Stürzenberger, der das Schlusswort hatte, erklärte nochmal, dass der IS 100% der Islam ist und verteilt einen Hefter seiner Beweisführung über die Gefährlichkeit des Islam mit Infomaterial an Richter und Staatsanwältin.

Das Urteil. Das Urteil aus der 1. Instanz wird aufgehoben, der Angeklagte freigesprochen, die Berufung der Staatsanwaltschaft verworfen. Begründet hat das der Richter damit, das die Äußerung zwar zu kritisieren sei, er sieht aber keine Störung des öffentlichen Friedens. Die Äußerung wurde nicht in der Öffentlichkeit (Marienplatz oder Zeitung) getätigt sondern nur auf dieser Homepage, die kennt man ja so ohne weiteres gar nicht.

Nach dem Ende der Verhandlung sammelte Stürzenberger die Hefter mit seiner Beweisführung über die Gefährlichkeit des Islam wieder ein. Ich fragte ihn einfach mal, ob ich einen bekommen kann. Er schaute sehr überrascht, aber gab mit einen. In dem Hefter selber finden sich zwei Seiten Text und circa 30 Seiten mit Fotos der Taten des IS (sehr blutig!) und dazu von Stürzenberger ausgewählten passenden Koranzitaten. Ich werde bei Gelegenheit mal genauer darauf eingehen und das analysieren.

Berufungsverhandlung gegen Emmeram Heinz Meyer

Im Berufungsprozess gegen Meyer ging es darum, dass er bei einer Pegida-Verdsammlung am 19. Oktober 2015 die Versammlungsauflagen hatte, in denen stand, dass keine Zitate und Parolen des Nationalsozialismus geäußert werden dürfen, auch nicht, wenn sie diesen ähneln. Meyer sprach allerdings in seiner Rede davon, dass Goebbels im Sportpalast sagte „Wollt ihr den totalen Krieg?“ und Merkel „Wir schaffen das!“. Er setzte damit Goebbels und Merkel gleich. Was hier schon meiner Meinung nach für eine Anzeige wegen Beleidigung und Volksverhetzung gereicht hätte, interessierte allerdings nicht, es ging nur um die Parole „Wollt ihr den totalen Krieg?“, die er mehrmals gebracht hatte. Wobei zu erwähnen ist, dass er diese Aussage sich nicht zu eigen gemacht hat sondern in einen kritischen Kontext setzte.

Heinz Meyer, hier bei einer Pegidakundgebung auf dem Marienplatz am 10. Februar 2016
Heinz Meyer, hier bei einer Pegidakundgebung auf dem Marienplatz am 10. Februar 2016

Der Strafbefehl gegen sein Verhalten stammte vom Januar 2016, im ersten Urteil bekam er 70 Tagessätze á 30 Euro für den Verstoß gegen das Bayrische Versammlungsgesetz, genauer für „Zuwiderhandlung gegen Versammlunsgeschränkungen“.

Interessant ist dabei, dass es inzwischen ein Urteil des bayrischen Verwaltungsgerichtes gibt, demnach diese Auflagen des KVR München rechtswidrig waren. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Und auch obwohl diese Anordnung rechtswidrig war, ist sie nicht nichtig. Zumal die Anordnung des KVR vor dem Tag mit der Parole durch Meyer nicht angegriffen wurde.

Die Richterin meinte, man muss das alles nicht strafrechtlich bis ins Äußersten verfolgen und schlug eine Einstellung gegen Zahlung ein. Der Staatsanwalt war gegen die Einstellung, er wollte eine gerichtsfeste Entscheidung.

Als Zeugen waren drei Polizisten geladen. Ihre Aussagen glichen sich insofern, dass sie diese Parole rausgehört haben. Der Verteidiger fragte alle drei, wie denn die Lautstärke vor Ort war und stellte fest, dass da wohl auch eine Störung der Versammlung durch die Gegendemonstranten vorlag.

Im Schlussplädoyer wies der Verteidiger darauf hin, dass „Wollt ihr den totalen Krieg?“ keine Parole sondern eine rhetorische Frage gewesen sei. Er zitierte dazu den originalen Wortlaut aus der berüchtigten Goebbelsrede im Sportpalast, bei der diese danach erst die Parole ausgab „Nun Volk steh‘ auf und Sturm brich los!“ Der Verteidiger forderte Freispruch aus Rechtsgründen.

Der Staatsanwalt dagegen erklärte, jeder kennt diesen Ausspruch und jeder assoziiert den mit der Rede von Goebbels. Die Auflage war zwar rechtswidrig, aber bestandskräftig. Er forderte die Zusammenlegung mit einer früheren Strafe (Unerlaubter Waffenbesitz) zu 40 Tagessätzen á 15 Euro.

Urteil. Die Richterin verurteilte Heinz zu einer Gesamtstrafe von 20 Tagessätzen a´15 Euro, zusammengesetzt aus dem verhandelten Fall und dem vorherigen mit der Waffe (15 TS für das Waffentragen, somit nur 5 TS für den Verstoss gegen das BayVerS). Somit kommt Meyer deutlich besser weg. Ansonsten wird die Berufung verworfen. In der Begründung führt sie aus, das es Auflage war, Parolen zu unterlassen. Die entsprechende Aussage ist nach Auffassung des Gerichtes eine Parole gewesen. Zwar ist das Verbot als rechtswidrig anzusehen, da es unzulässigerweise in die Meinungsfreiheit eingreift, aber nicht nichtig. Daher gilt: Ein nicht angegriffener, wenn auch rechtswidriger Verwaltungsakt, entfaltet Wirkung.
 
 
 
 
 
 

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