bookmark_border#freepaul – Prozessbericht

Am Dienstag fand in München die Verhandlung gegen den Antifaschisten Paul statt, der seit 2 Monaten im Knast sitzt. Ihm werden zwei Sachen vorgeworfen. Zum einen wurde er beim Containern erwischt, dabei wirft man ihm Diebstahl vor, weil er Transportkisten mitnahm, die bei den Mülltonnen mit den weggeworfenen Lebensmitteln standen. Da er dabei ein Tierabwehrspray in einer verschlossenen Gürteltasche hatte, wird das von der Staatsanwaltschaft „Bewaffneter Diebstahl“ genannt. Der andere Vorwurf ist Verstoß gegen das Bayrische Versammlungsgesetz, da er bei der Pegida-Kundgebung in München am 20. Juli mit Lutz Bachmann als Gegendemonstrant eine von der Anklage so genannte „Knüppelfahne“ dabeihatte, die ihm als Waffe ausgelegt wird, da er die Fahne nicht geschwenkt hat.

Vor dem Verhandlungstermin fand eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude statt.

Paul, ein schmächtiger junger Mann, wurde in Handschellen wie ein Schwerverbrecher reingeführt. Der Staatsanwalt verlas seine Anklageschrift, Paul selber äußerte sich nicht, aber sein Anwalt gab eine Erklärung ab. Richtig ist, dass er Lebensmittel mitgenommen hat für den Eigenbedarf, die Kisten wurden aus dem Müllbereich mitgenommen, Paul war der Meinung, dass die ebenfalls Müll sind. Das Tierabwehrspray hatte er dabei, da er keinen festen Wohnsitz hat und somit alle Habseligkeiten mit sich trägt. Als Gegendemonstrant hat er bei Pegida teilgenommen und hatte die Fahne auch dabei, war sich aber nicht bewusst, dass diese als Waffe gesehen werden könnte.

Zwei Polizisten wurden als Zeugen verhört in der Sache „Knüppelfahne“, zusammenfassen kann man ihre Aussagen so: Es ist eigentlich nichts passiert, aber sie haben ihn beobachtet und dann halt kontrolliert. Bei der Kontrolle war Paul ruhig und leistete keinen Widerstand. Vermummungsgegenstände hatte er keine dabei.

Zwei weitere Polizisten wurden als Zeugen in der Sache Containern verhört, der eine war den Abend dabei, als Paul erwischt wurde. Auch hier war Paul ruhig. Das Tierabwehrspray hatte er in der verschlossenen(!) Gürteltasche. Der andere Polizist, der eigentlich für das K43 (Politisch motivierte Kriminalität links) arbeitet, aber in der Sache wohl ermittelte, erklärte auf Nachfrage von Pauls Anwalt, dass man auf der Webseite der Polizei keine Informationen findet, was bei einer Demonstration erlaubt, und was verboten ist. Der Zeuge war kaum zur Tür raus, da legte Pauls Anwalt zwei Ausdrucke von der Webseite der Polizei vor. Der eine Ausdruck stammt von vor Pauls Verhaftung, dort steht nur allgemein nach Bayrischen Versammlungsgesetz, was auf Demos verboten ist. Der andere Ausdruck wurde nach Pauls Verhaftung angefertigt, da enthielt die Liste plötzlich konkrete Sachen, die verboten sind, u.a. die „Knüppelfahne“.

Außerdem wurde noch die Marktleiterin als Zeugin angehört. Sie relativierte den ganzen „Diebstahl“. Es wäre ein Schaden von drei Euro entstanden, nicht mehr.

In seinem Schlussplädoyer forderte der Staatsanwalt 9 Monate Haft zur Bewährung, da er beide Vorwürfe mit Waffen im Zusammenhang sieht, dazu 150 Sozialstunden. Pauls Anwalt dagegen forderte Freispruch.

Paul hatte als Angeklagter das letzte Wort und nutzte dies für ein politisches Statement. Er erklärte den ideologischen Bezug hinter Containern. Zu der „Knüppelfahne“ erklärte er, dass das auf eine Einschränkung des Versammlungsrechts hinausläuft, wenn man nicht mehr weiß, was überhaupt noch erlaubt ist. Pauls letzte Worte waren: „Freiheit für Valentin!“. Das war sehr solidarisch, das Publikum applaudierte ihm dafür.

In der Urteilsverkündung schloss sich die Richterin der Argumentation des Staatsanwaltes voll an. Paul bekam 9 Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, mit den Auflagen, dass er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten muss und einen festen Wohnsitz vorweisen muss.

Nach aktuellem Informationsstand wird Paul mit seinem Anwalt wahrscheinlich in Berufung gehen.

bookmark_borderAntworten an Pegida

Letzten Montag durfte Pegida München wieder mal durch München laufen, auch über historische Orte, um am Ende ihre Hetze auf dem Odeonsplatz zu verbreiten mit der Feldherrenhalle im Hintergrund. (Ein wichtiger Aufmarschort der deutschen Faschisten zwischen 1933 und 1945 sowie bereits davor.) Inzwischen hat man bei der Stadt München ein Einsehen und untersagt einige Orte für Pegida: „Stadt verbietet Pegida-Demo auf Odeons- und Königsplatz“.

Am letzte Montag bei Pegida verteilte jemand von denen Flugblätter, bis er daran gehindert wurde, eine Kopie habe ich später bekommen.

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Obwohl wir nicht bereit sind, mit Pegida zu diskutieren, habe ich trozdem eine Antwort verfasst.

Antwort an Pegida

Der Text darf gerne weiterverwendet werden. Hier könnt ihr ihn bekommen, entweder als Word-Datei oder als PDF-Datei. (Link anklicken und runterladen.)

bookmark_borderWiedermal Pegida in München…

Montag… In den vergangenen Wochen begnügte sich Pegida München mit ein paar Infoveranstaltungen und drei ausgefallenen Kundgebungen. Jetzt wollen sie wieder wöchentlich mit ihren Demonstrationen nerven.

Diesen Montag ging es wieder 19 Uhr am Stiglmaierplatz los, eine extra lange Route, bis zum Odeonsplatz.

Erstmal gab es am Hauptbahnhof einen kleinen Zwischenfall, als die Nazis Philip Hasselbach (Fipsi) und seine Freundin Victoria Grasser auftauchen und sich ans Gitter stellten, welches den Bereich abtrennt, durch den die Flüchtlinge von der Halle Starnberger Bahnhof zu den Bussen geleitet werden. Später kam dann auch noch Peter Meidl dazu. Drumherum protestierten einige Antifaschisten laut, so das die drei einsam in der Mitte standen.

Bei Pegida nahmen ca. 130 Personen teil, der Gegenprotest war ungefähr gleich stark. Bei Pegida auch wieder bekannte Nazis, ich habe dann mal meinen alten Freund Heinrich direkt angesprochen, warum sie nichts machen, er dazu: „Und was sollen wir machen? Aus versammlungsrechtlichen Gründen dürfen wie die nicht rauswerfen.“ Ich habe mir dann gedacht, was wohl mit dem Versammlungsrecht ist, wenn sich ein Nazi in eine Antifademo stellt. Da soll er aber mal sehen, wie schnell wir den rauswerfen können. Einer hatte auch ein Schild dabei, auf dem stand die Webadresse der äußerst rechten Bewegung „Identitäre Bewegung“. Nazis halt.

Die Krönung unter den albernen Schildern bei Pegida war eines mit der Aufschrift „Orban hilf uns!“ Meine Fresse… Jetzt also nicht mehr Putin sondern der faschistoide Orban aus Ungarn.

Die Pegida-Demonstration führte dann durch München. Immer wieder gab es einzelne kleine Versuche von Straßenblockaden. Oft liefen Antifaschist_innen direkt neben der Demo her und riefen laut z.B. „Say it loud, say it clear! Refugees are welcome here!“ Pegida dagegen kam mit Sprüchen wie „Volksverräter! Volksverräter!“, „Lügenpresse!“ oder „Orban! Orban!“ Die Polizei drängte immer wieder Gruppen von Gegendemonstranten an den Sraßenrand.

Ihre Abschlußkundgebung machte Pegida auf dem Odeonsplatz. Also an historischer Stelle, mit der Feldherrenhalle im Hintergrund, verkündeten sie ihre rechte Hetze. Viel verstehen konnte man zum Glück nicht, aber eines ist mir hängengeblieben: Wenn Nazis in Kneipen kein Bier bekommen, dann ist das Stalinismus pur!!!

Na dann, prost!

Währenddessen kamen im Laufe des Tages wieder mehrere tausend Flüchtlinge in München auf dem Hauptbahnhof an. Sie wurden alle versorgt, inzwischen läuft die Organisation recht gut, es sind auch genügend Helfer da und es wird empfohlen sich bei der Facebookseite „München ist bunt“ zu informieren.

Ein weiterer Bericht bei demowatch auf Facebook.

bookmark_borderDemonstration von Nazis in Rosenheim

Rosenheim ist eine 60.000-Seelen-Stadt in Oberbayern, vielen bekannt vor allem durch die Serie „Rosenheim Cops“. Rosenheim liegt auch nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt und ist in Bayern eine der Städte, in der viele Flüchtlinge das erste Mal deutschen Boden betreten.

In Rosenheim arbeitet Peter Meidl als Taxifahrer. Nun ja, er arbeitete, aber dazu später. Meidl, der auf seinem Facebookprofil schon mal den Holocaust leugnete und Hitler verehrt, ist Mitglied der Partei „Die Rechte“ (Mitgliedsnummer: 00802). Wenn er in seinem Taxi vor dem Bahnhof Rosenheim stand, fotografierte er gerne Busse, in die Flüchtlinge steigen mussten, und kommentierte das in seiner hämisch-rassistischen Art bei Facebook. Aktuellen Informationen zufolge will ihn die Staatsanwaltschaft Traunstein vor Gericht bringen.

Meidl also, der sich offen dazu bekennt, ein Neonazi zu sein, dachte sich, er macht mal eine Demonstration in Rosenheim. Bisher war er nur bei anderen immer dabei, in Freising, in München, und regelmäßig bei Pegida München („Aber wir haben gar keine Nazis bei uns!“). Für diese Nazidemo wurde massiv mobilisiert. Aber auch die antifaschistischen Bürger Rosenheims mobilisierten dagegen. Und so kam es, dass eine Demonstration von ca. 100 Nazis vor dem Bahnhof Rosenheim zig hundert Antifaschist_innen gegenüberstanden.

Die Nazis wollten sich gegen 12:30 treffen und 13:00 sollte ihre Kundgebung beginnen. Ein kleines Häuflein sammelte sich auf der Wiese vor dem Bahnhof. Einige waren schon ziemlich aggro, wahrscheinlich, weil sie ihren Alkoholpegel nicht halten konnten. Die Antifaschist_innen, die sich ebenfalls auf der Wiese am Hamburger Gitter sammelten, waren der Polizei wohl zu nahe mit ihren Protest. Die Polizei meinte, der Gegenprotest muss auch Grenzen haben und baute noch um, so dass es ein etwas größerer Abstand zu den Nazis wurde. Als dann aus der Bahnhofsstraße noch eine größere Menge Antifaschist_innen kamen, saß die erste Blockade.

Und die Nazis? Blitzkriegmäßig schafften sie es immerhin, dass gegen 13:50 endlich ihr Lautsprecherwagen eintraf. Vor der Straßenblockade in der Bahnhofsstraße waren in der Zwischenzeit auch vier berittene Polizisten erschienen. Tierquäler! Bei den Nazis dagegen ging es so langsam los. Reden wurden verteilt und es sprach der bayernbekannte und mehrfach straffällig gewordene Neonazi Phillip Hasselbach. Oder wie wir ihn nennen: Fipsi. Die übliche Hetze, insbesondere gegen Flüchtlinge. Während Fipsi sprach, schlich sich von hinten ein älterer antifaschistischer Bürger an und versuchte ihm das Mikrofon zu entreißen. Der mutige Mensch fiel im Gerangel zu Boden und mehrere Nazis sprangen und traten auf ihn ein.

Der Gegenprotest war vielfältig und laut. Das wohl beste Plakat hatte die Partei „Die PARTEI“, offiziell inoffizieller Ortsverband Rosenheim, mit der Aufschrift: „Nazis ausweisen / Meidl einweisen / Vampire pfählen“. Eine Polizistin meinte zu mir, das wäre ja auch schon Beleidigung (Das mit Meidl, nicht das mit den Vampiren!). Ich wies sie darauf hin, dass die Partei „Die PARTEI“ bewusst mit Satire arbeitet, und ein Kollege von ihr darauf hin: „Aber auch Satire hat ihre Grenzen!“ Nö Polizei, hat sie nicht!

Inzwischen waren auch mehrere dutzend behelmte Polizisten hinter die Straßenblockade gelaufen, ein Kessel bahnte sich an. Die Demonstrationsroute der Nazis wurde geändert, es sollte nun nicht mehr durch die Bahnhofsstraße gehen, sondern über die Anton-Kathrein-Straße oder direkt rechts weg über die ST2362.

Um 14:40 begann die Demonstration der Nazis. Unzählige Antifaschist_innen strömten aus der Bahnhofsstraße herbei und es wurde die Anton-Kathrein-Straße blockiert. Die Nazis wurden durch ein massives Polizeispalier geleitet. Doch nach sagenhaften 150 Metern war Feierabend. Denn weiter vorne, auf der ST2362, saß ebenfalls eine Straßenblockade. Diese war selbstverständlich friedlich, einen Zwischenfall gab es nur, als die Polizei ein Transparent aus der Blockade zockte.

Und so standen die Nazis fast eine halbe Stunde. Danach hieß es, hinten rum zurück zum Bahnhof und der Spuk hatte erst mal ein Ende. Angeblich wollten sie nun spontan nach Kolbermoor fahren, der Heimatstadt von Peter Meidl, und dort eine Demonstration abhalten. Diese wurde aber nicht genehmig, so die die Nazis gegen 15:50 eine zweite Kundgebung vor dem Bahnhof begannen, genehmigt bis 17:00 Uhr.

Es gab wieder die übliche Hetze von Fipsi, der sich übel aufregte. Er hatte erwartet, dass die Polizei die Blockade mit Pfefferspray und Knüppeleinsatz räumte. Fipsi war so richtig angepisst! Weitere Redner waren Manfred Waldukat, Mitglied der NPD, und Dan Eising von „Die Rechte“.

Das Highlight aber war die Rede von Peter Meidl. Diese wurde wahrscheinlich sogar von den Antifaschist_innen erwartet, denn der Typ ist einfach nur peinlich und lächerlich. Angekündigt wurde er als das bekannte Gesicht der Partei „Die Rechte“ Rosenheim, dem in letzter Zeit so übel mitgespielt wurde, der sogar seinen Taxischein verloren hat? Ach? Echt? HAHAHA! Ja, da hat Meidl wohl zu oft gegen Flüchtlinge gehetzt, nun fährt er kein Taxi mehr. Seine Rede war Hetze und offene Lügen. So behauptete er, Flüchtlinge bekämen in Deutschland ein Willkommensgeld von 4000 Euro. Ja geht’s noch? Ansonsten zeigte er den Stinkefinger und brüllte mit überschlagender Stimme, das er seiner Gesinnung treu bleibt.

Danach war endlich Schluss, es wurde noch das Deutschlandlied in drei Strophen gesungen. Man konnte gut sehen, dass die meistens Nazis nicht sehr textfest waren. Nach dem Singsang bauten sie ab, aber es dauerte noch, ehe sie endlich verschwanden. Kommentiert wurde das von den Antifaschist_innen mit Sprechchören: „Selbst zum abhauen, seid ihr noch zu blöd!“.

Fazit: Die Demonstration der Nazis wurde in Rosenheim erfolgreich blockiert!

Und sonst so am Samstag, den 29. August 2015?

  • Eine Pegidakundgebung in München fand nicht statt, weil einfach niemand da war.
  • Eine NPD-Kundgebung in München war nach 20 Minuten wieder zu Ende, weil nur drei Nazis kamen.
  • In Dresden, und das freut mich besonders, fand eine antifaschistische Demonstration mit 5000(!) Teilnehmer_innen statt.

bookmark_borderSächsische Verhältnisse: Willkommen in Heidenau, willkommen bei Rassisten

Nach zwei pogromartigen Nächten in Heidenau vor einer neuen Asylbewerberunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt, die bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten, war ich am Sonntag auch vor Ort. In Heidenau am Bahnhof mit dem Bus angekommen, stieg neben mir ein junger Mann mit seiner Freundin aus. In einer Plastiktüte hörte man die Bierflaschen klimpern, er selber trug ein Landser-Shirt. Willkommen in Sachsen…

Bereits am späten Mittag standen einige alkoholisierte „Besorgte Bürger“, oder wie sie auch gerne genannt werden: „Asylkritiker“, auf der anderen Straßenseite gegenüber der Unterkunft. In den vergangenen Nächten hatten sich dort bis zu 300 gewaltbereite Rassisten auf dem Parkplatz eines Supermarktes versammelt und sich Straßenschlachten mit der völlig überforderten Polizei geliefert.

Im Laufe des Sonntagnachmittag kamen der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, sowie sein Innenminister Markus Ulbig und sein Wirtschaftsminister Martin Dulig, für einen Besuch in der Asylbewerberunterkunft vorbei. Begleitet wurden sie unter Anderem vom Bürgermeister von Heidenau, Jürgen Opitz. Nach dem Besuch gaben sie ein kurzes Statement für die Presse ab, sie sprachen davon, dass das Gewaltmonopol des Staates mit aller Härte durchgesetzt werden soll. Wie das aussah, konnte man später am Abend spüren…

Am späten Nachmittag wurde die Stimmung schon gereizter. Ich bin mit einem Kollegen zur Tankstelle gelaufen, auf dem Weg dorthin wurden wir von mehreren Rassisten mit Getränken bespritzt und man rief uns zu „Verpisst Euch!“. Der Kollege wollte einen der Täter anzeigen, als dieser sich dann vor den Augen der Polizei bei dem Kollegen entschuldigen mussten, beließen wir es dabei.

Ab 18 Uhr wurde rund um die Unterkunft und in Teilen von Heidenau ein Kontrollbereich eingerichtet. Bereits auf den Zufahrtsstraßen fanden Kontrollen statt. Auf der B172, die direkt zwischen der Unterkunft und dem Supermarkt durchführte, auf der am Freitag Abend Straßensperren durch Rassisten errichtet wurden, positionierte die Polizei zwei Wasserwerfer. Die Rassisten, die sich teilweise betrunken und gröhlend auf dem Parkplatz des Supermarktes rumtrieben, wurden mit sanften Schubsern Richtung Westen abgetrieben, zu einer Kreuzung, die mehrere hundert Meter von dem Brennpunkt entfernt war. Die Aussage des Pressekontaktmannes der Polizei war sinngemäß: Asylkritiker und Schaulustige müssen den Ort verlassen, Asylbefürworter dürfen bleiben. Es hatten sich inzwischen circa 50 Antifaschistinnen und Antifaschisten gegenüber der Unterkunft angesammelt. An der Kreuzung und in Büschen entlang der Straße standen weiterhin betrunkene Rassisten rum, Flüchtlinge die aus Versehen in diese Richtung liefen wurden mit „Asylanten raus!“ angebrüllt.

Um 21:12 Uhr kam eine S-Bahn aus Dresden in Heidenau an, mit ihr eine große Gruppe von 200 Antifaschist_innen. Bereits am Bahnhof gab es aus mir nicht bekannten Gründen durch die Polizei Schlagstockeinsätze. Die Gruppe versammelte sich vor der Unterkunft, so das die B172 komplett gesperrt wurde. Nun wendete die Polizei auch den Wasserwerfer, damit er in Richtung Antifaschist_innen zielte. Es wurden Sprechchöre gerufen und gesungen.

Kurz nach 22 Uhr lief eine Demonstration in östlicher Richtung los. Als an einer Tankstelle drei Rassisten gesehen wurden, stürmte ein Teil der Demonstrant_innen auf diese zu, das war der anscheinend willkommene Anlass für die Polizei, völlig frei zu drehen. Auf einmal wurde die ganze angekündigte Härte des Rechtsstaates eingesetzt. Die Polizei knüppelte brutal in die Demonstration rein, Pfefferspray wurde massiv eingesetzt, es fand eine regelrechte Hetzjagd statt, Verletzte lagen am Boden. Die Menschen wurden mit Gewalt schnell in Richtung Bahnhof getrieben. Auch Journalisten bekamen Polizeiknüppel zu spüren. Ein äußerst aggressiv Polizist brüllte sie an „SIE! KÖNNEN! VOM! RAND! AUS! FILMEN!“. Es gab mehrere Verletzte unter den Antifaschist_innen, spätere Fotos aus der S-Bahn, mit der sie wieder Richtung Dresden fuhren, zeigten eine Blutlache vor einer Abteiltür.

Gegenüber der Unterkunft verblieb noch eine kleinere Gruppe Antifaschist_innen. Diese Menschen, und die abreisenden Antifaschist_innen, die selber in ihren größeren und kleinere sächsischen Orten tagtäglich Repressalien durch Nazis ausgesetzt sind, waren letztlich die einzigen, die offensiv Gesicht gegen die Rassisten zeigten, welche sich weiterhin frei in der Stadt herumtrieben. Dafür verdienen diese sächsischen Antifaschist_innen höchsten Respekt.

Es gibt in Heidenau selbstverständlich auch Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Einige waren am Nachmittag vor der Unterkunft und fragten, wie sie helfen können. Der Bürgermeister versprach, in den nächste Tagen Möglichkeiten zu schaffen, damit sich die Bürger der Stadt einbringen können. Nicht ganz Heidenau ist rassistisch. Aber es muss davon ausgegangen werden, das die Flüchtlinge in der Stadt in absehbarer Zeit immer wieder mit Anfeindungen konfrontiert werden. Menschen, die vor Krieg geflohen sind, werden mit Hass empfangen. Sächsische Verhältnisse…

bookmark_borderGespräche mit Pegida

Ich bin ja dafür, gar nicht persönlich mit Pegida zu reden. Was sie an Reden und auf den Schildern absondern sowie in den sozialen Netzwerken von sich geben, das reicht für mich schon, um sie nicht zu mögen. Aber manchmal kommt es halt doch anders, als man denkt.

Aber von vorne.

Am gestrigen Montag machte Pegida München (Ehemals Bagida) eine ihrer langweiligen „Informationsveranstaltungen“ in München in der Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz. Eingesperrt in Hamburger Gittern, standen sie da zwei bis drei Stunden und hofften, dass sich viele der Einkaufsbummler für sie interessieren. Das passierte dann allerdings weniger. Witzigerweise waren die meisten, die mit ihnen redeten, die Antifaschisten, die dagegen protestierten.

Bereits vor Beginn der Veranstaltung gab es Ärger, als ein Ordner einer jungen Frau von der antifaschistischen Seite erst ein Flugblatt geben wollte, und als diese danach griff, der Ordner sie erkannte und die Flugblätter wieder wegriss. Dabei gingen wohl auch ein paar der Blätter kaputt. Für den Ordner ein Grund, gleich zur Polizei zu rennen und diese nahm dann die junge Frau mit, um eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aufzunehmen. Sie konnte kurz darauf wieder gehen, bekam Platzverweis und nun muss ein Staatsanwalt den Wert der auf so schreckliche Weise zerstörten Flugblätter ermitteln. Zum Glück hat die Bayrische Justiz nichts Anderes zu tun…

Zufälligerweise kam ich mit einen von Pegida ins Gespräch, der sich bis an das Gitter herantraute. Ich will ihm im Folgenden einfach mal Heinrich nennen, um seine Persönlichkeitsrechte zu wahren. Heinrich ist um die 30 Jahre alt und fast jedes Mal in der Vergangenheit bei Pegida München dabei gewesen, auch schon als Ordner. (Neuerdings ist Heinrich auf der Bagida-Seite bei Facebook gesperrt. Die Selbstzerfleischung unter denen schreitet voran.)

Ich fasse unser Gespräch hier kurz zusammen, eventuelle ironische Untertöne kommen selbstverständlich nur von mir. 😉

Heinrich hat Angst vor der Islamisierung. Man muss ja wissen, dass die Islamisierung in Deutschland auf dem unaufhaltbaren Vormarsch ist. Immerhin ist der Anteil der Muslime in Deutschland an der Gesamtbevölkerung in den letzten 70 Jahren von Nullkommairgendwas auf jetzt unglaubliche und sagenhafte 5% gestiegen! Da kann manch leichtem Geist schon Angst und Bange werden. Und irgendwann werden wir in Deutschland nur noch Muslime haben…

Im Übrigen findet Heinrich, dass Deutschland noch immer besetzt ist von den USA.

Henrich ist kein Nazi. Darauf hat er Wert gelegt. Hat mir auch das Transparent am Auto gezeigt, auf dem zu sehen ist, dass sie gegen Nazis sind. Auf meine Frage, warum sie dann immer wieder Nazis mitlaufen lassen, sogar welche, die sich öffentlich dazu bekennen, Nationalsozialisten zu sein (Und bei Facebook Hitler verehren und den Holocaust leugnen), meinte er, die müssen sie als opponierende Teilnehmer dulden.

Also meiner Meinung nach sieht eine deutliche Distanzierung ganz anders aus, aber das liegt vielleicht daran, dass die Geisteshaltung vieler Pegidateilnehmer eine andere ist, als Heinrich glaubt. Ich möchte mal die Antifa-Demo sehen, bei der opponierende Teilnehmer, also Nazis, geduldet werden…

Aber wie gesagt, Heinrich ist kein Nazi. Allerdings hat Heinrich vor einigen Jahren mal auf der Liste der NPD zu einer Wahl kandidiert. Wie das kam? Heinrich war damals Mitglied der Deutschen Partei und die wollten die NPD zur Wahl unterstützen. Und plötzlich war Heinrich auf der Liste der NPD. Sachen gibt es… Aber Heinrich findet die NPD gar nicht gut. Also jetzt weniger wegen der Nazis, denn das Problem ist, dass die NPD ja so viele Verfassungsschützer (V-Männer) in ihren Reihen hat, die wohl die Nazis spielen. Wenn die nicht wären, dann könnte man die NPD zu einer patriotischen Partei umbauen, und dann wäre sie auch irgendwie gut.

Zwischendurch versuchten sich andere Leute in unser Gespräch reinzuhängen. Sie fragten Heinrich, wer ich bin und da meinte er, ich bin ein bunter Faschist. Da wurde ich schon ein bisschen böse. Ich sagte ihm: „Heinrich, nun ist aber gut, wir haben uns bis jetzt freundlich unterhalten und ich habe Dich auch nicht beleidigt. Also mach Du das jetzt bitte auch nicht und nenne mich einen Faschisten. Sonst ist Schluss mit lustig und wir brauchen auch nicht weiter miteinander reden!“. Da hat Heinrich schon ein bisschen betroffen geschaut, man könnte denken, es tat ihm doch ein wenig leid.

Überhaupt, Heinrich ist ja, wie er betonte, kein Nazi. Heinrich ist Patriot. Dabei denkt er an Beethoven, Schiller, Goethe, Mozart… Mozart? War der nicht Österreicher? Aber Heinrich, ganz ausgefuchst, hat mich gefragt, welche Sprache Mozart gesprochen hat. Ja, Deutsch. Also ist er auch Deutscher oder zumindest Teil der deutschen Kultur. Meinen Hinweis auf Hitler, der ja auch nur das Beste für Deutschland wollte, wich er aus. Aber Schiller und so, ja, darauf kann man sich als deutscher Patriot berufen. Heinrich hat nämlich den Eindruck, dass die deutsche, und speziell die bayrische Kultur, nicht mehr gefördert werden. Darüber lernt man in den Schulen fast gar nichts mehr. (Ich habe ihm später empfohlen, wenn er deutsche und bayrische Kultur sehen will, dann soll er mal im Fernsehen die Dritten einschalten, da bekommt er genug davon.) Heinrich, als deutscher Patriot, möchte diese Kultur aber bewahren.

Leider hängte sich dann wieder eine „islamkritische“ Person derart in unser Gespräch rein, dass keine vernünftige Kommunikation mehr möglich war. Das letzte, was Heinrich mir noch erzählte, war, dass Deutsche beim Sozialamt weggeschickt werden und Asylanten alles bezahlt kriegen…

Und sonst so? Viel zu sehen gab es bei Pegida München nicht. Zwischendurch ist auch mal Michael Stürzenberger aufgetaucht, hat aber nur mit denen ein wenig geredet. Ein paar Nazis liefen auch mal draußen herum und eine Frau geisterte die ganze Zeit durch die Fußgängerzone mit einem Schild, auf dem stand „Das Grundgesetz ist illegitim. Prof. Dr. Carlo Schmidt“. Reichsdeppenblödsinn…

Ansonsten war das Ganze eher langweilig. Der übliche Verdächtige bei Pegida spritzte wieder mit Wasser und versuchte, Antifaschisten zu schlagen. Diesmal gab es aber nur eine Ermahnung durch die Polizei, mitgenommen wurde er nicht.

Den meisten Spaß hatten wohl die Antifaschisten. Da wurde Musik gemacht und sogar artistische Einlagen gab es. Vorbeilaufenden Passanten wurde auch gerne mal erklärt, worum es sich eigentlich bei Pegida handelt. Hilfsbereit wie immer.

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Am 20. Juli 2015 wurden bei den Protesten gegen Pegida in München der Antifaschist Paul festgenommen. Paul war am Rande der Demonstration Wasser holen, es war ein warmer Tag, als er von der Polizei aufgehalten und durchsucht wurde. Dabei fand man in seinem Rucksack eine Kurzstielfahne, welche ihm als Verstoss gegen das Versammlunsgesetz ausgelegt wird. Seit dem sitzt Paul, der keinen festen Wohnsitz hat, in Untersuchungshaft.

Bereits am 24. Juli fand eine Kundgebung vor der JVA Stadelheimer Straße in München statt, mit anschließender Demonstration.

Über die Facebookseite „Freiheit für Paul“ wird über den Fortgang berichtet und zu Solidarität mit Paul aufgerufen. Diese Repressalien, die exemplarisch an Paul verübt werden, betreffen uns alle, die wir uns im antifaschistischen Kampf befinden. GETROFFEN HAT ES EINEN – GEMEINT SIND WIR ALLE!

Folgende Bilder sind Solidaritätsbekundungen aus verschiedenen Städten.
(Bilder von der Facebook-Seite)

Am 5. August fand im Amtsgericht München der Haftprüfungstermin statt. Zu diesem Anlass fand vor dem Gebäude in der Nymphenburger Straße eine Protestkundgebung statt. Das Entsetzen bei allen Teilnehmern war groß, als sie erfuhren, dass Paul bis zur Verhandlung Mitte September in Haft bleiben muss. Dort droht ihm dann bis zu einem Jahr Gefängnis. Wegen einer Fahne!

Sofort darauf bildete sich eine Spontankundgebung, die am Hauptbahnhof vorbei in Richtung Stachus lief, kurz davor aber von der völlig überforderten Polizei gestoppt wurde. Daraufhin löste sich die Demonstration auf, es kam zu einer Personalienfeststellungen eines Aktivisten, der im folgenden Gerangel aufgehalten wurde.

Am Samstag, den 8. August findet am 13. Uhr am Hauptbahnhof in München eine Solidemo für Paul statt.

bookmark_borderPro-Asyl- und Pegida-Kundgebung in München

Montags in München, wie immer viel los. Auf dem Max-Joseph-Platz fand die Veranstaltung „Platz da! Mia san ned nur mia! Keine Abschiebe-Lager! Seehofer, Scheuer, Söder und Herrmann – hört auf zu zündeln!“ statt, eingeladen hatte Bellevue di Monaco. Es fanden sich mehrere hundert Menschen ein um bei Musik und interessanten Redebeiträgen für eine Asylpolitik zu demonstrieren, die diesen Namen verdient.

Bellevue di Monaco schrieb in den Aufruf: „Angesichts der scharfen Töne der bayerischen Staatsregierung gegen geflüchtete Menschen, ihrer skandalösen Pläne, Abschiebe-Lager an den bayerischen Grenzen zu errichten, und der vermehrten Brandanschläge auf Asylunterkünfte ist es allerhöchste Zeit, ein deutliches Zeichen zu setzen: Hier sind Flüchtlinge willkommen! Wir fordern alle auf, die mit der bayerischen Asylpolitik nicht einverstanden sind, ihren Unmut lautstark auf die Straße zu tragen!“

Eine Stunde später begann am Isartor die leidliche montägliche Pegida-Versammlung. Zu Pegida kamen ca. 100 Menschen, um ihren Hass, Rassismus und ihre Vorurteile wieder zu verbreiten, dagegen protestierten ungefähr genauso viele weltoffene Menschen.

Demoanmelderin Birgit W. versteigerte sich zu der irrsinnigen Behauptung: „Man hört es ja in letzter Zeit immer öfter, dass die Nazis eigentlich links waren.“ Ja klar… Ihr Highlight war allerding: „Wir sind gekommen, um hier zu bleiben. Wir gehen jetzt los.“ Da war selbst bei der anwesenden Polizei die Belustigung groß.

Ansonsten gab es wieder mal die üblichen versuchten Behinderungen der Presse. Ordner Stefan W. kam zu den Fotografen und verlangte von ihnen, dass sie nicht mehr fotografieren, weil sich die Teilnehmer davon provoziert fühlen. Ironischerweise fotografierten gleichzeitig die Teilnehmer fleißig die Presse und Gegendemonstranten. Auch unterwegs wurde wieder mehrfach versucht, Fahnen vor die Objektive zu halten. Immerhin griff diesmal die anwesende Polizei ein.

Die Demonstration von Pegida wurde von lautem Protest begleitet. Zum Ende wurden leider noch zwei Gegendemonstranten unter unbekannten Gründen festgenommen, und ca. 1-2 Stunden später wieder aus der Polizeiwache Ettstraße entlassen.

bookmark_borderWenn die NPD in Freising…

Freising war schon immer ein schweres Pflaster für Nazis. Trotzdem wollte es am Samstag, dem 26. Juli 2015, die NPD mal wieder wissen. Sie meldete eine Kundgebung unter dem Motto „Deutschland raus aus der NATO und Europa“ an.

Die Naziveranstaltung sollte 11:30 beginnen, mit deutscher Pünktlichkeit ging es eine knappe Stunde später los. Erst mal versammelte sich die kleine Horde am Bahnhof und wurde dann über ein paar enge Gassen zum Kriegerdenkmal geführt. Dort erwarteten sie schon ca. 100 Gegendemonstranten. Im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen wurde das ganze einige Meter Richtung Westen verlegt und die Gegenendemonstranten mussten hinter Hamburger Gittern stehen. Und so standen sich Nazis und Antifaschisten mit einem Abstand von 20 Metern gegenüber.

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Unter den Nazis befanden sich bekannte Gestalten. Peter Meidl, Pegida-Poser und Hitlerverehrer, der auch schon mal bei Facebook den Holocaust leugnet. Björn-Christopher Balbin, NPD-Vorsitzender vom Kreis Freising. Manfred Waldukat, stellvertretender Landesvorsitzender, der u.a. die Facebookseite für die NPD beschreibt. Außerdem Vince Herczeg und ein paar weitere bekannte Gesichter.

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Die Reden waren der übliche Schmarrn und die typische nationalistische Hetze, teilweise beschäftigten sie sich aber nur mit den Gegendemonstranten. „Wollt ihr denn Bomben?“ „Ihr seid doch auch Deutsche.“

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Natürlich wollen die Gegendemonstranten keine Bomben, aber ganz sicher auch nicht die nationalistische Scheiße der NPD. Überhaupt waren die Gegendemonstranten sehr laut.

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Negativ aufgefallen ist das Team von moosburg.TV. Obwohl es mit der Versammlungsleitung Konsens war, das keine NATO-Fahnen gezeigt werden, mussten diese Selbstdarsteller für ihr Video mitten in den Gegendemonstranten und noch mal am Rande mit einer NATO- und später einer USA-Fahne posen. Und wenn sie nicht posten, filmten sie u.a. die ganzen Antifaschisten mehrfach ab.

Gegen 14 Uhr war der Nazispuk endlich vorbei und unter dem Beifall der verbliebenen Gegendemonstranten verschwanden die NPD und ihr Anhang ganz schnell aus der Stadt.

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Fazit: Die Nazis haben es versucht. Und obwohl sich Balbin bei den „lieben Freisinger Büergern“ bedankte, interessierte sich faktisch niemand für sie. Um so mehr Zulauf und Beifall hatte der Gegenprotest. Freising bleibt bunt!

bookmark_borderRosa-Luxemburg-Konferenz / Luxemburg-Liebknecht-Demonstration

Es war das zweite Januarwochenende und damit wieder Zeit für das alljährliche Treffen in Berlin im Gedenken an die vor 96 ermordeten Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Samstag RL-Konferenz, Sonntag LL-Demonstration. Deutschlands größtes Treffen diverser Parteien, Vereine und anderer Gruppierungen aus der kommunistischen Richtung, die vor allem eines einte: Nicht einig zu sein. Denn wo ist sie, die Aktionseinheit, die einheitliche Arbeiterfront zum Kampf gegen das Finanzkapital? Sie präsentierte sich wie üblich an jeder Menge Tische und Stände und versuchte Zeitungen und anderes Material zu verkaufen. Schuld an der Spaltung waren natürlich immer die anderen. Alles Spalter, außer ich. Aber man kannte sich trotzdem und begrüßte sich. „Ach, Du auch wieder hier?“

Zur Rosa-Luxemburg-Konferenz am Samstag hatte zum zwanzigsten Mal die Junge Welt in die Urania in Berlin geladen. Da ich am Vortag noch meine Ware Arbeitskraft verkaufen musste, konnte ich am Samstag erst am Nachmittag anreisen. Ich komme ja trotzdem gerne dahin, und sei es, um ein paar Freunde wenigstens einmal im Jahr zu treffen. Ja, auch ich wieder hier. In der Raucherecke wurde mir dann von einer eben geendeten Podiumsdiskussion erzählt, auf der man RT regelrecht feierte. Russia Today? Ja wahnwichtelt es, oder was?

Highlight war das Podiumsgespräch 17:30 im vollbesetzten großen Saal. Aber bevor es losging, musste man sich erstmal einen mehr als halbstündigen Monolog von Oskar Lafontaine anhören, der immer wieder begeistert beklatscht wurde. Thema des folgenden Gespräches war „Der Abschied der Linken vom Antimilitarismus“. Gäste waren eben dieser Oskar Lafontaine, des Weiteren der Schauspieler Rolf Becker und als Dritter in der Runde das CDU-Mitglied und ehemaliger Vizepräsident der OSZE, Willy Wimmer. Moderiert wurde diese rein männliche Runde von Arnold Schölzel, dem Chefredakteur der Jungen Welt. Zusammenfassen kann man dieses Gespräch eigentlich ziemlich leicht: Die böse USA, die macht die Kriege in der Welt, der Bundestag in Deutschland hat sowieso nichts mehr zu sagen, weil die EU alles entscheidet, aber am Ende ist Deutschland sowieso nur der Vasall der USA und so gesehen alles andere als souverän.

Kann man als Video hier sehen: https://www.youtube.com/watch?v=NnOe9QrRxDA

Nun ja, ich fragte es ja bereits: Wahnwichtelt es, oder was? Nun will ich die imperialistische Außenpolitik der USA auf keinen Fall gutheißen, aber zum Gegenpart zu dieser Einstellung komme ich gleich, beim Podiumsgespräch war man sich allerdings einig.

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Lustiges Detail am Rande zur RL-Konferenz: Ken Jebsen wollte sich als Journalist akkredieren lassen, bekam stattdessen aber von der Jungen Welt Hausverbot. Sicher eine sehr vernünftige Aktion, aber ich denke, wohlgefühlt hätte er sich dort sicher.

Sonntags fand die alljährliche Luxemburg-Liebknecht-Demonstration statt. Man traf sich am U-Bahnhof Frankfurter Allee und zog mit vielen tausend Menschen zum Friedhof der Sozialisten. Dort, auf dem Vorplatz des Friedhofes, stellte zumindest das Bündnis „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ die richtigen Fragen.

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